- 24auto
- News
Stand:
Von: Simon Mones
Kommentare
Die Sorgen über eine potenzielle Ausmusterung von Diesel-Autos sind immens. Verkehrsminister Volker Wissing hat sich sogar an Brüssel gewandt. Aber die EU-Kommission beruhigt mit deutlichen Aussagen.
Update, 5. August, 11:00 Uhr: Die Aufregung war groß: Rund 8,2 Millionen Diesel-Pkw soll die Stilllegung drohen. Davor warnte zumindest Bundesverkehrsminister Volker Wissing wegen der möglichen Neuauslegung bestehender EU-Regeln. Der FDP-Politiker schrieb auch einen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Darauf hat Wissing nun eine Antwort von Binnenmarktkommissar Thierry Breton bekommen. In dem Schreiben, das der Bild vorliegt, gibt der französische Politiker Entwarnung: „Die Kommission hat auch nicht die Absicht, rückwirkende Änderungen vorzunehmen, den Automobilherstellern zusätzlichen Verwaltungsaufwand oder zusätzliche Anforderungen aufzuerlegen oder Maßnahmen zu ergreifen oder zu fördern, die Bürger, die Autos in gutem Glauben gekauft haben, in irgendeiner Weise benachteiligen würden.“
EU-Kommission bezeichnet Wissings Befürchtungen als „irreführend“
Wissings Befürchtungen, dass in Deutschland 4,3 Millionen Euro-5- und möglicherweise 3,9 Millionen Euro-6-Dieselfahrzeuge gefährdet seien, nannte Breton in dem Schreiben „irreführend“. Im nächsten Schritt wird das Thema im November vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt. „Ohne dem Ergebnis des anhängigen Gerichtsverfahrens vorzugreifen, wird die Kommission weiterhin Lösungen fördern, die saubere und gesunde Luft begünstigen und einen vorhersehbaren und umsetzbaren Rechtsrahmen fördern“, erklärt Breton.
Klare Worte, die Skepsis bei Verkehrsminister Wissing bleibt aber. Dabei betont die Kommission in ihrem Schreiben, dass sie keine rückwirkenden Maßnahmen gegenüber den Automobilherstellern und Bürgern plane, wie eine Sprecherin der Bild sagte. Die Entscheidung würde nämlich der EuGH treffen – nicht die Kommission. Dennoch drängt Wissing weiterhin auf eine Klarstellung im europäischen Regelwerk. Diese Meinung teilt auch die EU-Kommission, wie eine Sprecherin der dpa sagte. Der FDP-Politiker sei dazu bereits auf seine EU-Amtskolleginnen und -Amtskollegen zugegangen.
Erstmeldung vom 2. August 2024: Das geplante Verbrenner-Verbot der EU ab 2035 polarisiert. So sorgte zuletzt ein Gutachten für Aufregung, wonach die CO₂-Flottenregulierung rechtswidrig sein könnte. Doch damit nicht genug, auch eine neue Auslegung bestehender EU-Regeln zur Abgasmessung sorgt derzeit für Ärger und könnte für Millionen Diesel-Pkw die Stilllegung bedeuten.
Davor warnt zumindest Bundesverkehrsminister Volker Wissing in einem Schreiben an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über das die Bild zuerst berichtete. Demnach würden alleine in Deutschland „4,3 Millionen Euro-5- und möglicherweise 3,9 Millionen Euro-6-Dieselfahrzeugen eine Außerbetriebsetzung“ drohen, schreibt der FDP-Politiker.
EU-Abgasmessung: Millionen Diesel-Autos droht Stilllegung
Doch warum ist das so? Das ganze hängt mit dem neuen Verfahren zur Abgasmessung zusammen, das die EU einführen möchte. Bislang wird der NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) als Standardverfahren genutzt. Die Abgaswerte werden dabei unter kontrollierten Bedingungen im Labor ermittelt. Künftig soll das aber im RDE-Verfahren (Real Driving Emission) auf der Straße erfolgen.
Das RDE-Verfahren bildet neben dem Prüfzyklus auch bestimmte Realbedingungen ab, wie etwa Fahrten bei Vollast mit Steigung. Dies bedeutet, dass die Grenzwerte auch bei maximaler Motorleistung eingehalten werden müssen. Laut Wissing sei dies „nach derzeitigem Stand der Technik nicht umsetzbar“ und würde für die in Verkehr befindlichen Fahrzeuge eine „nicht realisierbare nachträgliche Anforderung darstellen“. Entsprechend kritisch äußerte sich auch der FDP-Fraktionschef Christian Dürr: „EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen macht weiterhin eine Politik gegen die Autofahrer. Die Zukunft des Verbrennungsmotors ist immer noch unklar und nun droht auch noch Millionen Diesel-Autos die Stilllegung, weil sich die Verfahren zur Abgasmessung ändern sollen.“
ADAC und Wissing fordern Klarstellung
Die neue Auslegung der Abgasmessungen wird im November vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt. Hintergrund ist ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Duisburg. Dabei geht es um die Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten bei Dieselfahrzeugen der Abgasnorm Euro 5. Wissing fordert, dass die EU-Kommission noch vor der Gerichtsentscheidung eine Klarstellung vornimmt, um schwerwiegende Folgen für Millionen von betroffenen Bürgern sowie die europäische Wirtschaft zu vermeiden. Eine Lösung könnte laut Wissing darin bestehen, in den fraglichen Vorschriften noch vor der EuGH-Entscheidung eine Klarstellung vorzunehmen.
Noch mehr spannende Auto-Themen finden Sie im kostenlosen Newsletter von 24auto.de
Kritik kommt auch vom ADAC. Eine Sprecherin des Automobilklubs sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: „Änderungen im Messverfahren bei der Typgenehmigung eines Kfz zu einem späteren Zeitpunkt können nach Auffassung von ADAC-Juristen nicht rückwirkend Anwendung finden.“ Eine Betriebsuntersagung sei vor diesem Hintergrund „abwegig“. Entsprechend fordert der ADAC wie Wissing eine schnelle Klärung, um die Kunden nicht weiter zu verunsichern.
VdA übt Kritik an EU-Plänen
Und auch die Präsidentin des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, forderte von der Bundesregierung und der EU-Kommission eine rasche Klarstellung über die Zulassung von älteren Dieselfahrzeugen. Der Rheinischen Post sagte Müller: „Rückwirkende Anwendungen neuer Verfahren und Maßstäbe wären ohnehin ein Verstoß gegen den Grundsatz des Rückwirkungsverbots und das Rechtsstaatsprinzip im EU- und deutschen Verfassungsrecht.“ Die EU-Kommission müsste die Zulassung daher über eine rechtliche Klärung absichern.