Zwangs-Stilllegung für Millionen Diesel-PKW droht - das müssen Autofahrer wissen (2024)

Euro-5- und Euro-6-Diesel: Zwangs-Stilllegung für Millionen Diesel-PKW droht - das müssen Autofahrer wissen

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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik

    Aber keine Sorge:Gentechnish verändert sind die

  • FOCUS-online-Redakteur Sebastian Viehmann (München)

Freitag, 02.08.2024, 21:05

Die EU will ab 2035 alle neuen Verbrenner verbieten lassen. Doch für Millionen Autofahrerinnen und Autofahrer könnte das Aus womöglich schon in diesem Jahr kommen - per Zwangsanordnung. Was dahinter steckt und welche Chance Betroffenen noch bleibt.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat einen Brief an die EU-Kommission geschrieben, in dem er vor der Stilllegung von Millionen Diesel-Fahrzeugen warnt. Zuerst berichtete die „Bild“-Zeitung darüber. Grund ist ein derzeit vor dem europäischen Gerichtshof verhandeltes Verfahren gegen Mercedes (Rechtssachen C-251/23 und C-308/23), bei dem es unter anderem um die Rechtmäßigkeit der sogenannten Thermofenster geht. Das Thema an sich ist nicht neu - mehr dazu erfahren Sie hier . Nun aber ist die Bedrohung für Millionen Menschen konkreter geworden: Ihre Autos könnten noch in diesem Jahr verboten werden. Der EuGH ließ nämlich durchblicken, dass die im November anstehende Entscheidung dazu führen würde, dass die Genehmigung zahlreicher älterer Dieselfahrzeuge illegal erteilt wurde. In dem Brief, der FOCUS online vorliegt, warnt der Verkehrsminister die EU vor erheblichen Konsequenzen für Millionen Autobesitzerinnen und Autobesitzer.

EU will nun rückwirkend aktuelle Abgastests für ältere Fahrzeuge anwenden

Vereinfacht gesagt geht es dabei um Folgendes:

  • Die EU pocht darauf, dass für ältere Euro 5- und auch einige Euro 6-Dieselfahrzeuge nicht die damals gültigen Zulassungskriterien (NEFZ-Zyklus) für Abgastests gelten sollen, sondern man rückwirkend die jüngere Vorschriften anwenden müsse (WLTP). Die beinhalten unter anderem den sogenannten RDE-Test, also Abgastests im realen Verkehr. So sind etwa neuere Diesel der Abgasnormen Euro 6d danach geprüft.
  • Die Konsequenz dieser Rechtsauffassung wäre folgende: Die Zulassung für Euro 5-Dieselfahrzeuge und auch einige Euro 6-Dieselfahrzeuge müsste entzogen werden. Die Autos müssten dann stillgelegt werden.

Diese Diesel-Fahrzeuge und Benziner wären von der Zwangs-Stilllegung betroffen

In dem Brief beschreibt das Verkehrsministerium, welchen Fahrzeugen die Stilllegung drohen würde:

  • Allein in Deutschland 4,3 Millionen Euro 5-Dieselfahrzeuge;
  • Ebenfalls allein in Deutschland 3,9 Millionen Euro 6-Dieselfahrzeuge.

In einem Hintergrundbericht des Verkehrsministeriums, der FOCUS online vorliegt, wird beschrieben, warum es für alte Dieselfahrzeuge quasi unmöglich ist, nach den neuen Kriterien zugelassen zu werden: „Der NEFZ simuliert einen Fahrzyklus nach Kaltstart und somit unter Berücksichtigung der Aufwärmphase des Motors beginnend mit einer simulierten Fahrt im urbanen Bereich mit anschließendem kurzen Überland-/Autobahnanteil. Die Grenzwerte werden dabei auf die gefahrene Fahrstrecke von 11 Kilometer gemittelt angewendet. Das bedeutet mithin auch, dass nicht in jeder Situation des NEFZ der jeweilige Grenzwert einzuhalten ist, sondern es sich um einen gemittelten Wert handelt. Denn aufgrund natürlicher physikalischer Abläufe innerhalb des Zyklus finden Schwankungen statt. So verhält sich ein Motor z.B. bei Autobahnfahrten aus physikalischen Gründen anders als bei städtischen Fahrten. Die Kommission hat nun die gegenteilige Auffassung vertreten und geäußert, dass die Schadstoffgrenzwerte auch außerhalb der Betriebs- und Umgebungsbedingungen des NEFZ und zwar für jede Fahrsituation gelten würden“, so die Fachabteilung des Ministeriums.

Um die Stilllegung zu verhindern - die sowohl politisch für die neue EU-Kommission ein Desaster wäre als auch organisatorisch kaum durchführbar - fordert Wissing nun vor dem im November anstehenden Urteil eine Klarstellung, dass die EU nicht neue Abgasvorschriften rückwirkend auf Fahrzeuge anwenden wird, deren Typzulassung zum Teil weit länger als zehn Jahre zurückliegt.

FDP übt scharfe Kritik an Von der Leyen

Die FDP kritisiert derweil, dass die EU - die bekanntlich ab 2035 alle neuen Benziner, Diesel und Hybridautos verbieten will - offenbar gar nicht die Absicht hat, dieses unfreiwillige Verbrenner-Aus für Millionen Menschen zu verhindern: „Die EU-Kommission betreibt mit ihren unverantwortlichen Positionen die Enteignung von mindestens acht Millionen Diesel-Fahrern. Auch Benzin-Fahrzeuge könnten betroffen sein. Die Fachwelt und die verantwortliche Politik waren sich stets einig, dass es definierte Prüfszenarien geben muss, in denen Grenzwerte einzuhalten sind. Aber sicher nicht mit Wohnwagen am Heck und unter Volllast bergauf, wie es jetzt die EU-Kommission befürwortet", so der Vorsitzende der FDP-Fraktion in Baden-Württemberg,Dr. Hans-Ulrich Rülke, zu FOCUS online.

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Nach Informationen von FOCUS online aus Brüsseler Kreisen kommt der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen (CDU) das anstehende Urteil womöglich gar nicht ungelegen: „Es würde natürlich einen erheblichen Schub für die Elektroauto-Pläne in Brüssel bedeuten. Denn es ist ja klar, dass auf normalem Wege die Pläne der EU kaum erreichbar sind, schon gar nicht die für Deutschland angepeilten 15 Millionen E-Autos bis 2030“, so ein Insider gegenüber FOCUS online.

Doch was bedeutet die mögliche Stilllegung älterer Diesel für Autobesitzerinnen und Autobesitzer? Wir beantworten die wichtigsten Fragen - auch die, ob betroffene Autofahrerinnen und Autofahrer jetzt ihre Fahrzeuge zurückgeben könnten.

1. Was ist überhaupt ein „Thermofenster“?

Thermofenster steuern die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur. Diese Software, die von vielen Automobilherstellern verwendet wird, funktioniert nur innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs einwandfrei. Dadurch stoßen die Fahrzeuge insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen mehr Stickoxide aus als gesetzlich vorgesehen.

Eine zeitweise Abweichung war beim damaligen technischen Stand (Euro 5, frühe Euro 6-Fahrzeuge) grundsätzlich erlaubt, jedoch nur innerhalb bestimmter Grenzen und wenn eine reduzierte Abgasrückführung den Motor unmittelbar schädigen würde. Der Bundesgerichtshof in Deutschland hat Schadenersatzklagen von Fahrzeugkäufern allein wegen des Thermofensters bislang zurückgewiesen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat diese Grenzen in einer Präzisierung der Rechtsprechung jedoch sehr eng gezogen.

2. Sind jetzt wirklich Millionen Diesel-Fahrzeuge vom Abgasskandal betroffen?

Theoretisch ja, sofern die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts letztinstanzlich in der EU bestätigt wird. Grundsätzlich haben alle Dieselfahrzeuge solche Thermofenster, auch mit der Abgasnorm Euro 6. Auf Dieselskandal spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien gehen sogar davon aus, dass bis zu 10 Millionen Fahrzeuge betroffen sein könnten .

Betroffen wären dann nicht nur die bekannten „Skandal-Diesel“ von VW und Audi, bei denen wissentlich Betrugssoftware eingesetzt wurde, sondern auch eine große Zahl von Diesel-Fahrzeugen anderer Hersteller, bei denen die vom KBA genehmigten Thermofenster nachträglich als nicht regelkonform bewertet werden müssten. Also nicht nur bei VW , sondern auch bei Mercedes, BMW, Toyota, Nissan, Mazda, Hyundai, Renault, Opel und vielen anderen Herstellern.

3. Drohen neue Rückrufe oder Stilllegungen?

Auch hier gilt: Theoretisch ja, denn ohne gültige Zulassung dürften die Fahrzeuge nicht mehr fahren. Sie müssten dann vom KBA stillgelegt werden. Nach Informationen von FOCUS online aus Regierungskreisen war bislang keine Stilllegung geplant. Für den Fall, dass auf Druck der EU-Gesetzgebung tatsächlich eine Stilllegung erfolgen würde, müsste diese auch verhältnismäßig sein, schließlich würde es sich um einen erheblichen Eingriff in den Besitz der betroffenen Autofahrerinnen und Autofahrer handeln und es würde zu Klagen nicht nur gegen die Autohersteller, sondern wohl auch gegen die Behörden kommen.

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4. Könnten die Autos nachgerüstet werden?

Die betroffenen Fahrzeuge entsprechen in ihrer Grundkonstruktion bei der Abgasreinigung etwa dem Stand der technischen Machbarkeit im Jahr 2008. Die von der Klage- und Kampagnenorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH) ins Spiel gebrachte Möglichkeit einer sogenannten Hardware-Nachrüstung ist unrealistisch, da sie für viele Fahrzeugmodelle nicht verfügbar ist, in den benötigten Mengen nicht produziert und eingebaut werden könnte und für die Besitzerinnen und Besitzer der Fahrzeuge auch mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre, wie eine verminderte Motor-Haltbarkeit sowie ein erhöhter Verbrauch und CO2-Ausstoß ( mehr zum Thema lesen Sie hier ). Leichter durchzuführen wäre ein solcher Umbau immerhin bei größeren Fahrzeugen wie Wohnmobilen und Transportern, wo der benötigte Bauraum vorhanden ist. Bei Fahrzeugen, die bereits über ein sogenanntes SCR-System verfügen - das ist ein spezieller Katalysator, der Stickoxide mit dem Zusatz AdBlue unschädlich macht - wären immerhin Anpassungen möglich, wie zum Beispiel eine erhöhte Einspritzrate von AdBlue. Neue Modelle ab der Abgasnorm Euro 6d haben ein SCR-System standardmäßig an Bord.

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5. Können Fahrzeugkäufer ihren Diesel an den Hersteller zurückgeben?

Nach Ansicht von auf den Diesel-Skandal spezialisierten Anwälten könnte eine neue Klagewelle gegen viele Autobauer geben - spätestens dann, wenn die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bestätigt wird und ab November die Autos theoretisch nicht mehr fahren dürften. Die Autos hätten dann einen Mangel, der - analog zu den erfolgreichen Klagen vor allem gegen VW und Audi sowie zum Teil auch Mercedes - Käuferinnen und Käufern eine Rückabwicklung des Kaufvertrags ermöglichen würde. Allerdings sollten dabei zwei Punkte bedacht werden:

  • Bei der Rückgabe wird eine Nutzungsentschädigung für die Zeit, in der der Wagen gefahren wurde, vom erstatteten Kaufpreis abgezogen. Je älter das Fahrzeug ist, desto weniger bekommt also der Kläger zurück. Bei teuren Premium-Modellen mit hohem Restwert könnte es sich allerdings lohnen.
  • Gerade ältere Diesel ohne komplexe Abgasreinigung gelten als besonders langlebig und zuverlässig. Man sollte sich also überlegen, ob die zu erwartende Entschädigungssumme bei den aktuell hohen Gebraucht- und Neuwagenpreisen reicht, um ein gleichwertiges oder besseres Modell als Ersatz zu finden, unabhängig von der Antriebsart.

6. Sind viele Ansprüche nicht bereits verjährt?

FOCUS-online-Rechtsexperte Maco Rogert glaubt, dass die Verjährung für Kläger kein Hindernis ist: „Es sind aus meiner Sicht sämtliche Diesel-Fahrzeuge betroffen, bei denen die absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren (§ 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB) seit dem Fahrzeugerwerb noch nicht abgelaufen ist und in denen eine temperaturgeführte Abschalteinrichtung verbaut ist. Nach meinem Kenntnisstand sind das vermutlich sämtliche dieser Fahrzeuge. Es dürfte auch keine Rolle spielen, ob die Fahrzeuge als Neu- oder als Gebrauchtwagen gekauft wurden. Alle diese Fahrzeuge sind gleichzeitig von der behördlichen Stilllegung bedroht“, so Rogert.

7. Sind als nächstes die Benziner dran?

Nach Rogerts Ansicht ist das möglich: „Auch Benziner weisen derartige temperaturgeführte Abschalteinrichtungen auf. Das Urteil lässt sich 1:1 auf Benziner übertragen. Nach meiner Auffassung kann auf der Basis dieses Urteils – sofern es Bestand hat – vermutlich jedes Verbrennerfahrzeug rückabgewickelt werden, das in den letzten 10 Jahren erworben wurde“, so der Anwalt.

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